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Mom Life: Abgestillt – Wie ich dabei sowohl auf die Bedürfnisse meines Kindes, als auch auf meine geachtet habe

27. September 2017

In fast fünf Jahren Mamasein habe ich vieles gelernt. Habe Dinge über mich selbst erfahren, über die eigene Einstellung, die Beziehung zu meinen Kindern, über das Leben als Familie. Vor allem ist mir auch bewusst geworden, dass nichts wirklich planbar ist. Man kann sich anfangs vieles vornehmen, das man so und so machen möchte. Von vornherein sagen, dass bestimmte Dinge für einen nicht infrage kommen oder nicht vorstellbar sind. Genauso kann man feststellen, dass ein eingeschlagener (Erziehungs-)Weg vielleicht nicht optimal war und man einen anderen gehen sollte. Wichtig ist dabei vor allem eines: Auf sich selbst und die eigene Intuition zu hören und zu vertrauen. Hinein zu horchen und zu spüren in die jeweiligen und ganz individuellen Bedürfnisse. Was tut einem gut und was nicht?

Nein, ich hätte nicht gedacht, dass ich mein zweites Kind tatsächlich fast 22 Monate stillen würde. War die Stillbeziehung bei meinem ersten doch so anders und nach sechs Monaten schon vorbei. Dieses Mal ließ ich es einfach auf mich zukommen. Setzte mir oder vielmehr uns keinen festen Zeitpunkt. Versuchte sowohl auf die Bedürfnisse meines Kindes, als auch auf meine besser einzugehen. Ich fühlte mich von Anfang an wohler in meinem Körper, war dankbar und stolz, auf das, was er leistet und genoss die Nähe zu meinem Kind ganz bewusst und intensiv. Ich spürte, wie auch Taavi diese Nähe brauchte. Und deswegen wollte ich sie ihm so lange geben, wie es sich richtig anfühlt.

Die Zeit verging und wir stillten bereits den zweiten Winter. Ich fragte mich, ob wir wohl im Sommer immer noch stillen würden. Taavi war inzwischen ein super Esser geworden. Für ihn war die Muttermilch nun kein Sattmacher mehr, denn Nahrung konnte er auch anders zu sich nehmen. Viel mehr war das Stillen für ihn sein persönlicher Ruhepol geworden. Vertraut und gewohnt. Quälten ihn die Zähne, war er krank oder quengelig bekam er so seine Extraportion Geborgenheit. Und auch nachts gehörte es für ihn einfach dazu.

Wie ich gemerkt habe, dass das Stillen langsam dem Ende entgegen geht

Allerdings wurde er irgendwann immer fordernder. Hatten wir uns schon eine Weile daran gewöhnt, überwiegend nur noch nachts zu stillen, begann er dann auch über den Tag verteilt wieder öfter nach der Brust zu verlangen. Egal, ob satt oder ausgeschlafen, es schien mir fast so, als käme er teilweise aus Langeweile bei mir an und ich würde nun tatsächlich langsam zum Schnullerersatz. Gab ich ihm zu verstehen, dass ich mal nicht möchte, wurde er sofort quengelig und spielte beleidigte Leberwurst. Und ich war irgendwann so genervt, dass ich dann doch nachgab. Waren wir unterwegs, draußen und er abgelenkt, interessierte ihn die Brust so gut wie gar nicht, nur zu Hause, wenn etwas mehr Ruhe herrschte, gehörte das Nuckeln scheinbar zu seiner liebsten Beschäftigung.

Ich spürte insgeheim, dass es wohl langsam an der Zeit war, ihn sanft abzustillen. Die Frage war nur, wie. Denn wirklich konsequent war ich dabei nicht. Auch wenn es mich zunehmends störte, dass ich ständig so eingenommen werde, genoss ich die Nähe dann doch irgendwie zu sehr, als es sofort enden zu lassen. Mir war klar, dass ich meinem Kind dieses Nähe auch schenken kann, wenn wir nicht mehr stillen. Aber jede Mama, die ihr Kind gerne gestillt hat oder stillt, wird sicher verstehen, was ich meine. Es ist ein Abnabelungsprozess, der einen irgendwie auch sehr sentimental werden lässt. Vermutlich war es aber auch einfach ein Zeichen, dass weder er, noch ich schon richtig bereit dafür waren, loszulassen.

Wir stillten den Frühling und Sommer über weiter und nichts deutete darauf hin, dass Taavi sich ja vielleicht irgendwann von selbst abstillen würde, weil er keine Lust mehr darauf hat. Dafür bekam ich immer öfter Probleme mit meiner Brust. Eine Entzündung nach der anderen, es drückte und war empfindlich und ich fühlte mich oft nicht mehr wohl. Ich wünschte mir immer öfter, meinen Körper wieder für mich zu haben. Ohne diese teilweise doch öfter mal wie Fremdkörper wirkenden, unterschiedlich großen und schmerzenden Brüste.

Abruptes Abstillen klappt nicht

Im August stand dann meine erste Reise seit der Geburt von Taavi ohne die Kinder bevor. Drei Tage und zwei Nächte, in denen Taavi auf mich und das Stillen verzichten musste. Wir machten uns im Vorfeld keine großartigen Gedanken, ich vertraute darauf, dass es sicher klappen wird. Mit viel Ablenkung und Kuscheln mit seinem Papa. Abgepumpt hatte ich nichts, denn bei Durst konnte er auch Wasser oder Kuhmilch trinken. Und wie ich es mir gewünscht hatte, klappte es wunderbar. Taavi schien mich (und die Brust) kaum zu vermissen. Dafür war ich wohl etwas zu naiv und fuhr ohne Milchpumpe ins verlängerte Wochenende. Würde sich doch bestimmt selbst regulieren…Haha. Wie gut, dass Taavi am Tag und in der Nacht vor unserer Abreise nochmal besonders oft nuckeln wollte und somit die Milchproduktion anregte. Drei Tage hatte ich die größten Schmerzen und machte Dolly Buster Konkurrenz. Weder warme Wickel, noch Ausstreichen brachten etwas (ich war kurz davor, ins Krankenhaus zu fahren) und ich war so froh, als ich am Abend unserer Heimkehr das erste Mal seit Taavis Geburt die Milchpumpe benutzen konnte. Glaubt mir, ich hätte Fünflinge satt bekommen…Wie naiv von mir, zu glauben, dass es klappen könnte, so abrupt abzustillen. Aber immerhin wusste ich jetzt, dass es zumindest für Taavi auch mal ein paar Tage ohne geht. Dennoch kam er natürlich sofort wieder bei mir an. Wir stillten weiterhin nachts und vereinzelt noch tagsüber. Bis Yannick und ich zwei Wochen später das nächste Wochenende ohne die Kinder verbringen sollten. Diesmal passten Oma und Tante auf die Jungs auf, diesmal waren wir drei Nächte weg und vor allem: Diesmal nahm ich die Milchpumpe mit…

Hatte ich anfangs Bedenken, dass es ganz ohne Mama und Papa vielleicht doch schwieriger werden könnte, konnte ich diese schnell verwerfen. Taavi schlief alle drei Nächte durch. Zwar hätte er sich wohl das ein oder andere Mal gewünscht, dass Oma und Tante das gleiche können, wie Mama, ließ sich dann aber mit Kuscheln, Spielen und Ablenkung auf andere Gedanken bringen. Wieder zu Hause war für mich dann klar: Nun bleiben wir dabei. Der Zeitpunkt des kompletten Abstillens ist gekommen. Natürlich kam Taavi auch nach vier Tagen ohne mich wieder an. Allerdings blieb ich so gut wie jedes Mal konsequent. Sanft versuchte ich ihm zu erklären, dass wir gerne ganz viel kuscheln können, das Nuckeln aber ab sofort bleiben lassen. Erst widerwillig und teilweise beleidigt, dann immer verständiger, gewöhnte er sich daran, dass wir statt zu stillen, ab jetzt nur noch kuscheln. Und es klappte erstaunlicherweise ganz wunderbar und ohne Probleme. Das einzige, was er weiterhin nicht sein lassen kann, ist zu fummeln. Bietet sich beim Kuscheln und Einschlafen die Möglichkeit, wandert auch jetzt noch gerne seine Hand unter mein Shirt. Aber so lange es nur noch das ist, was er braucht, um zur Ruhe zu kommen, ist auch das für mich in Ordnung. Und vermutlich wird sich auch das irgendwann genauso langsam ausschleichen, wie das Stillen.

Ja, ein bisschen wehmütig bin ich nun doch, dass es endgültig vorbei ist. Blicke zurück auf fast 22 Monate, die ich für immer in Erinnerung behalten werde. Monate, in denen aus meinem winzigen Baby ein Kleinkind geworden ist, genährt durch meine Muttermilch. Ich freue mich, dass es so lange so gut geklappt hat und habe die Zeit und diese ganz besondere Verbindung größtenteils wirklich sehr genossen. Meinungen können sich ändern und ich bin froh, bei meinem zweiten Kind noch einmal ganz anders auf das Stillen geblickt zu haben. Und wer weiß, vielleicht darf ich ja noch ein weiteres Mal diese wundervolle Erfahrung machen.

Habt ihr gestillt? Und wenn ja, wie lange? Und wie habt ihr euch gefühlt, als es langsam dem Ende entgegen ging? 

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7 Comments

  • Reply Elisa 29. September 2017 at 10:11

    Ein sehr schöner Beitrag, liebe Nathalie! Ich stille meine 6 Monate alte Tochter noch und es darf gerne lange so bleiben. Ich wäre nicht böse, so lange zu stillen wie du. Vor der Schwangerschaft hätte ich nie erwartet, dass ich das sage und selbst die ersten Wochen dachte ich häufig sehnsüchtig an das Ende der Stillzeit. Aber dann spielt es sich so toll ein. Und es ist auch wie du sagst, man ist da einfach wehmütig, wenn dieser Abschnitt der kompletten Nähe zu seinem Baby zu Ende geht. So geht es mir jetzt schon, wo sie langsam anfängt zu essen. Dein Beitrag hat mir auf jeden Fall sehr gut gefallen und mit für unseren weiteren Weg gemacht.
    Liebe Grüße

    • Reply Nathalie 10. Oktober 2017 at 0:33

      Hab vielen Dank für deine Worte. 🙂 Wie schön, dass es sich bei euch so toll eingespielt hat und du nun auch länger stillen möchtest. Ich wünsche euch alles Liebe.

  • Reply Miriam 5. Oktober 2017 at 21:28

    Ich war sehr dankbar, als meine Tochter tagsüber ohne Milch auskam und nachts Wasser genauso gut fand, weil sie meist offensichtlich Durst und kein Nähebedürfnis hatte. Alles zusammen habe ich vermutlich knapp 12 Monate gestillt (den letzten Monat nur einmal die Woche quasi, wenn sie Schmerzen hatte oder Nähe dieser Art einforderte). Mit dem Stillen hatte ich viele Probleme (Brüste kurz vorm Platzen, Milchüberproduktion alias klitschnasses Elternbett mehrmals im Monat, täglich 12-14 Mal Stilleinlagen wechseln, jedes Mal, wenn sie weint, rät mir jeder, sie anzulegen etc.). Es waren auch schöne Momente dabei, wenn es ruhig und entspannt war. Aber ich bin dankbar, dass es jetzt geschafft ist. 🙂 Das meine ich auch nicht böse, Stillen ist bestimmt am praktischsten, aber man gibt auch Freiheit auf (sie trank nie aus der Flasche, auch kein Schnuller bis jetzt). Und so langsam können meine Brüste dann auch mal aufhören noch Milch zu produzieren. :‘D Aber die brauchen wohl länger als wir beide, um das zu begreifen. Das wurde jetzt doch ein sehr ehrlicher Kommentar.
    Liebe Grüße, Miriam

    • Reply Nathalie 10. Oktober 2017 at 0:30

      Hab ganz lieben Dank für deine ehrlichen Worte. 🙂 Es tut mir leid, dass du solche Probleme hattest und das Stillen dadurch weniger genießen konntest. 12 Monate sind trotzdem eine lange Zeit und ich finde es super, dass du dennoch so lange “durchgehalten” hast. Es zeigt, dass wirklich jede Stillbeziehung anders ist und man es auch gar nicht pauschalisieren kann, was für wen das Richtige ist, weil jeder es anders empfindet.
      Liebe Grüße

  • Reply Alicia 20. Oktober 2017 at 22:03

    Schön geschrieben! Und klasse, dass du lange so geduld warst – und natürlich auch genossen hast! Bei meinem Großen waren‘s 8 Monate, hätte aber gerne noch länger gestillt. Bei unserer Kleinen 13 Monate. Danach war sie weniger interessiert und ich fands dann auch ok so.

  • Reply sarah 9. November 2017 at 10:52

    Sehr schöner Beitrag, vielen Dank dafür. Mir geht es ähnlich wie Dir und ich kann sehr gut nachvollziehen, was Du geschrieben hast. Auch wir stillen noch, seit insgesamt 16 Monaten, mit emotionalen Höhen und Tiefen, aber vor allem genieße ich es. Ich bin auch zuversichtlich dass irgendwann der Moment kommt, in dem es für uns beide passt, damit aufzuhören. Liebe Grüße

  • Reply Andrea 15. Januar 2022 at 7:03

    Ein schöner Beitrag in dem ich mich eins zu eins wiederspiegeln kann. Aktuell 22 Monate, wird sie zu einem kleinen Wutmonster wenn ich es ihr verwehren. Denke bei mir hat sich der Abnabelungsprozess begonnen . Terrible Two vereinfacht die ganze Situation nicht wirklich.
    Meinen mittleren habe ich mit 18 Monate abgestillt und der älteste hat sich mit 11,5 Monaten selbst abgestillt.
    Bei meiner einen wollte ich eigentlich auch das sie es selbst entscheidet aber ich glaube der Zeitpunkt ist bald gekommen da ich merke das mich das dauernuckkeln langsam anstrengent.

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