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Pregnancy // Family: Selbstbestimmt, geborgen und wunderschön: Die Hausgeburt unseres dritten Kindes

5. Januar 2020

Irgendwie hatte ich damit gerechnet. Stellte mich innerlich quasi schon fast darauf ein. Gegen Ende der 38. Schwangerschaftswoche war dann auch alles soweit fertig und im Prinzip hätte es jederzeit losgehen können. Es gab keine größeren To-Dos mehr auf meiner Liste und ich war sowohl mental als auch körperlich bereit. Bereit für die Geburt, bereit, mich von der Schwangerschaft und meinem Babybauch zu verabschieden und loszulassen. Niemals hätte ich gedacht, dass sich unser drittes kleines Wunder dann doch noch so lange Zeit lassen würde und sich erst gegen Ende der 41. Schwangerschaftswoche auf den Weg zu uns macht. Hatte doch schließlich Taavi auch eine Woche eher beschlossen, zu uns zu kommen. Deswegen glaubte ich, ganz sicher zu wissen, dass es dieses Mal wieder so kommen würde. Und doch sollte es dann dieses Mal aber wieder ganz anders sein. Eine Woche nach dem errechneten Termin wurden wir zum dritten Mal Eltern und unser Sohn Keijo Laris erblickte zu Hause in unserem Wohnzimmer geborgen und selbstbestimmt das Licht der Welt.

Über zwei Wochen ist das nun auch schon wieder her und die Zeit ist seitdem mal wieder nur so dahin gerast. Die Tage waren gefüllt mit ganz viel Babyduft schnuppern, kuscheln, schnuffeln, stillen und dem sich Kennenlernen als nun fünfköpfige Familie. Gefühlt leben wir seither in unserer ganz eigenen kleinen Blase und genießen einfach nur. Auch beim dritten Mal hat es nichts von seinem Zauber verloren und das Leben mit einem kleinen Neugeborenen ist voller Magie und Liebe. Gefühle, die Achterbahn fahren, Hormone, die verrückt spielen, wenn ich meine kleine Bande nur ansehe. Ich bin einfach unglaublich dankbar für dieses Glück, das ich mit ihnen habe.

Seit über zwei Wochen bin ich nun Mama von drei kleinen Jungs. Und auch wenn ich es nicht zu 100 Prozent hätte sagen können, hatte ich es doch irgendwie im Gefühl. Dass dieses kleine Menschlein, das da zehn Monate in mir heran wuchs, wieder ein Junge sein würde. Und allen Vorhersagen zum Trotz bestätigte es sich dann: Ich bin und bleibe eine stolze Jungsmama und meine Männer haben tatsächlich noch mehr Verstärkung bekommen.

Seit über zwei Wochen wollte ich auch endlich den Geburtsbericht schreiben. So lange die Erinnerungen an diesen Tag und diese Nacht noch ganz frisch sind. Wenn es mir nur nicht so schwer gefallen wäre, von unserem kleinen Schatz abzulassen. Am liebsten würde ich ihn rund um die Uhr knuddeln und mit ihm kuscheln und seinen süßen Duft ununterbrochen inhalieren und für die Ewigkeit konservieren. Seine zarten Fingerchen und Füße bewundern, durch seine flauschigen, seidig-weichen Haare und über seine sanfte Haut streicheln und seine knuffige Stupsnase küssen. Und auch der kleine Mann braucht natürlich noch ganz viel Körperkontakt und Nähe und es gefällt ihm gar nicht, wenn man ihn mal kurz versucht abzulegen, um etwas anderes zu machen, weswegen hier aktuell sowieso so einiges liegen bleibt.

Die Hausgeburt von Keijo Laris – Ein Geburtsbericht

Denke ich zurück an seine Geburt, wird mir sofort wieder ganz warm ums Herz und ich bin erfüllt von Dankbarkeit. Besonders abends, wenn so langsam Ruhe einkehrt, die großen Jungs schlafen und ich im stillen Wohnzimmer sitze, Keijo auf meiner Brust liegend, werde ich fast ein wenig wehmütig. Ich erinnere mich sofort wieder an das gleiche gedämmte Licht an diesem Abend, an das Glitzern des Weihnachtsbaumes, an das Flackern der Kerzen, an die ruhige Atmosphäre und an die Geborgenheit, die ich empfunden habe, als er sich auf den Weg gemacht hat. Es war alles so vertraut und schön, dass ich auch jetzt sofort wieder vor Dankbarkeit und Glück weinen könnte.

Letztendlich ging dann alles doch viel schneller, als ich nur wenige Tage zuvor noch gedacht hätte. Mit dem Erreichen des errechneten Entbindungstermins wuchs die Ungeduld quasi stündlich und ich fragte mich, wann es denn nun endlich losgehen würde. Wochenlang hatte ich bereits immer wieder regelmäßig einen harten Bauch, Übungs- oder Senkwehen, aber ansonsten so gut wie keine weitere Anzeichen, die darauf hindeuten würden, dass die Geburt bald bevor steht. Zwei Nächte hatte ich kurzzeitig das Gefühl, ich hätte richtige Wehen, von denen aber am nächsten Morgen nichts mehr zu spüren war. Ich wartete und wartete und hatte, so gerne ich eigentlich schwanger gewesen war, irgendwann keine Lust mehr. Der ständig harte Bauch schränkte mich immer mehr ein und ich wollte einfach nur noch mein Baby im Arm halten. Irgendetwas in mir kam auch nicht wirklich zur Ruhe. Der Alltagsstress hatte mich voll im Griff, ständig kam etwas Neues dazu, was mich aufwühlte oder worüber ich mich ungewollt ärgern musste und an ein Loslassen und Abschalten war irgendwie kaum zu denken. Und als dann der ET erreicht und das Babylein immer noch in meinem Bauch war, tat sich noch dazu eine neue Hürde auf.

Wachsende Ungeduld und zu bewältigende Hürden in den letzten Tagen

Drei Tage nach dem errechneten Entbindungstermin stand mir nun ein Termin beim Gynäkologen bevor, der mich untersuchen und bestätigen sollte, dass mit der Schwangerschaft und dem Baby alles in Ordnung ist und der geplanten Hausgeburt nichts im Weg steht. Nachdem ich zuletzt zum zweiten großen Ultraschall beim Frauenarzt gewesen war und seitdem alle Vorsorgeuntersuchungen meine Hebamme bei mir zu Hause durchgeführt hatte, war ich alles andere als glücklich, nun für das komplette Programm mit CTG, Ultraschall und Co. doch nochmal zu einem Arzt zu müssen. Innerlich machte ich mich schon wieder verrückt und malte mir die blödesten Dinge aus. Suchte nach Gründen, warum ich mein Baby nicht zu Haue zur Welt bringen könnte und mein Wunsch nach einer Hausgeburt wie eine Seifenblase zerplatzt. Am Abend vor der Untersuchung war ich ein nervliches Wrack, aufgelöst und nur am Weinen. Ich motzte meine Liebsten an und konnte kaum in Worte fassen, was in mir vorging. Warum konnte die Geburt denn nicht einfach losgehen? Zum Glück bot mir meine Hebamme, nachdem ich ihr meine Ängste spätabends geschrieben hatte, aber sofort ein Gespräch an und nahm mir am Telefon zumindest etwas meine Sorgen. Schließlich war nur ein paar Tage vorher bei der letzten Vorsorge noch alles prima gewesen und es gäbe sicherlich keinen Grund, warum die Ärztin das nicht genau so sehen würde. Trotzdem schlief ich schlecht bzw. fast gar nicht in dieser Nacht und wollte am nächsten Morgen diesen Termin einfach nur schnell hinter mich bringen. Und obwohl ich meinem Baby, als ich so lange wach lag, noch gut zugeredet hatte, ihm sagte, dass alles bereit ist und es sich gerne auf den Weg machen darf, weil wir uns alle so sehr freuen, blieb auch diese Nacht ruhig und es tat sich nichts.

Meine Mama, die auch in der Woche davor schon drei Tage bei uns gewesen war, um mich im Alltag etwas zu entlasten und mir zu helfen, damit ich etwas zur Ruhe kommen kann, begleitete mich dann am nächsten Tag zum Arzt. Und dort stellte sich nach einem 40-minütigen CTG (bei dem zwar ein paar Wehen, die ich aber nur durch den hart werdenden Bauch und ohne Schmerzen wahrnahm, aufgezeichnet wurden) und einem Ultraschall, bei dem die Fruchtwassermenge und die Plazenta überprüft wurden, zum Glück heraus, dass alles in Ordnung war. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen und innerlich hatte ich nun wirklich das Gefühl, noch einmal so richtig loslassen zu können. An diesem Tag konnte mir nichts mehr etwas anhaben. Ich war einfach nur noch optimistisch und zuversichtlich, dass es nun bald losgeht.

Am nächsten Tag sah das schon wieder etwas anders aus. Denn immer noch tat sich nichts und nun begann ich wieder, mich verrückt zu machen, indem ich die Tage zählte, in denen eine Hausgeburt noch möglich sein würde (maximal bis zu zwei Wochen nach ET ist es aus versicherungstechnischen Gründen erlaubt). Ich war nun tatsächlich am Ende der 41. SSW angekommen und dem Babylein in meinem Bauch schien es einfach so gut bei mir zu gefallen, dass es keine Anstalten machen wollte, hinaus zu kommen. Wieder eine Nacht, in der ich mich ungeduldig und mit einem Kopf voller kreisender Gedanken ins Bett legen würde. Ob wohl die Tasse Tee mit der extra großen Portion Ingwer und die Schüssel Milchreis mit viel Zimt, die ich mir vorher noch gegönnt hatte, etwas bewirken würden?

Eindeutige Anzeichen – endlich scheint es los zu gehen

Am nächsten Morgen wachte ich jedenfalls wie gewohnt auf, um die Kinder fertig für Schule und Kindergarten zu machen und ihnen ihre Vesperdosen zu packen. Wie auch damals bei Taavi stellte ich beim Toilettengang aber gleich fest, dass etwas anders war. Dachte ich in den Wochen davor ab  und zu bereits, etwas in dieser Art festgestellt zu haben, war es nun eindeutig und nicht zu verwechseln: Ich hatte gezeichnet und vermutlich löste sich nun der Schleimpfropf. Voller Vorfreude berichtete ich gleich Yannick, dass ich irgendwie im Gefühl habe, es könnte nun langsam losgehen. Zum Glück sollte an diesem Vormittag auch meine Hebamme zur nächsten Kontrolle kommen, der ich gleich von meiner Beobachtung berichten konnte. Und noch während ich mich fertig machte und duschte, spürte ich, dass sie auch der Druck nach unten nun deutlich stärker anfühlt und irgendetwas „arbeitet“. Meine Hebamme maß noch einmal meinen Bauch und stellte fest, dass er etwas an Umfang verloren hat. Und auch als sie nach dem Köpfchen im Becken tastete, konnte sie bestätigen, dass es sehr tief lag. Ich sollte weiterhin beobachten, wie sich meine Anzeichen im Laufe des Tages entwickeln, mich mit etwas Schönem versuchen, abzulenken und mich jederzeit bei ihr melden, wenn ich das Bedürfnis haben sollte. Sie verabschiedete sich in guter Hoffnung auf den Abend oder die Nacht. Und ich blieb zurück, ein bisschen aufgeregt und nervös, aber irgendwie konnte ich trotzdem noch nicht so ganz realisieren, dass es nun tatsächlich losgehen sollte.

Sind das schon Wehen? Oder dauert es doch noch etwas?

Nachdem ich Yannick und meine Mama, die wieder arbeiten musste, aber dennoch auf Abruf war, auf den neuesten Stand gebracht hatte, überlegte ich, was ich nun machen sollte, um mir das Warten etwas zu erleichtern. Etwas Schönes…ich machte erstmal eine Waschmaschine voll. Wer weiß, wann ich das nächste Mal zum Waschen kommen würde. 😀 Der Druck nach unten wurde immer mehr und irgendwie war mir auch nicht ganz so wohl bei dem Gedanken, Taavi später noch mit dem Auto aus dem Kindergarten abzuholen. Aber leider gab es keine andere Möglichkeit. Außerdem hatte ich ja, so dachte ich, noch keine richtigen Wehen. Und deswegen sah wohl auch Yannick keinen Grund darin, eher heim zu kommen und Taavi abzuholen. Auf dem Weg zum Kindergarten und zurück wurde mein Bauch mehrmals so hart, dass ich teilweise nur noch schwer Luft bekam und richtig in mich gehen musste. Ich ärgerte mich etwas, dass ich in diesem Zustand nun tatsächlich noch Auto fahren sollte und war froh, als wir wieder zu Hause waren. Dort konnte ich mich nur noch schwer bücken und Taavi beim Ausziehen helfen, weil der Druck so sehr stark war. Schmerzen hatte ich aber immer noch keine. Also konnte ich nur weiterhin abwarten und beobachten. Den Nachmittag über hatte ich dann weiterhin deutlich gezeichnet, war aber dadurch abgelenkt, dass ich die Jungs vom Sport abholen und hinbringen musste. Zu Fuß war das eigentlich ein Katzensprung, aber auf dem Weg dorthin war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher, ob das eine so gute Idee gewesen war. Ich konnte nur noch langsam gehen und spürte bei jeder Bewegung mehr Druck. Trotzdem machte ich noch Späße mit Yannick und schrieb ihm, was ich denn machen soll, wenn die Fruchtblase unterwegs platzt. In der Umkleide half ich Taavi irgendwie beim Umziehen und unterhielt mich noch kurz mit einer anderen Mama, welche recht erstaunt war, als ich ihr erzählte, dass der ET bereits letzte Woche war und es im Prinzip jederzeit soweit sein könnte. Yannick hatte ich davor bereits gebeten, dass er doch zumindest etwas eher Feierabend machen und Taavi vom Sport abholen soll, damit ich nicht noch einmal das Haus verlassen müsste.

Als sie dann um kurz nach 17 Uhr nach Hause kamen, war ich noch immer recht locker, auch wenn der Druck immer stärker wurde. Ich hatte, nachdem ich Taavi weggebracht hatte, bereits um 16:30 Uhr begonnen, die Abstände zwischen den Wellen aufzuschreiben, die noch immer nicht schmerzten, aber sich deutlich anders anfühlten. Eine Stunde später kamen sie etwa alle 5 Minuten. Das schrieb ich dann auch meiner Hebamme und fragte sie nach ihrer Meinung. Ihre Antwort kam prompt und sie klang sehr zuversichtlich und war jederzeit bereit, zu mir aufzubrechen, wenn ich ihr Bescheid gebe. Noch sah ich darin aber keine Notwendigkeit, weil ich einfach das Gefühl hatte, dass die Wellen noch nicht so effektiv waren, dass die Geburt innerhalb kurzer Zeit bevor stehen würde. Und so rief ich dann noch einmal meine Mama an und wir beschlossen, dass sie sich nicht auf den Weg zu uns machen muss, wenn es absehbar sein würde, dass das Baby in der Nacht auf die Welt kommt, wovon ich zu diesem Zeitpunkt fest ausging. Die Jungs würden dann ja sowieso schlafen und sicher nichts von der Geburt mitbekommen. Yannick und ich entschieden dann zuallererst das Abendessen zu machen, damit die Jungs danach gleich ins Bett gehen konnten. Während ich Kürbis und Lauch schnippelte, musste ich bei jeder Welle doch kurz in mich gehen und mich dabei auf meinen Atem konzentrieren, den ich mithilfe meines HypnoBirthing-Buches in den Wochen zuvor wieder geübt und vertieft hatte. Als das Essen im Ofen war, machte ich mich daran, die restlichen Sachen auf der Liste, die man für die Hausgeburt bereit legen soll, rauszusuchen und packte vorsichtshalber noch grob ein paar Dinge für die Kliniktasche. Im Anschluss ging ich dann tatsächlich noch in den Keller, um die fertige Waschmaschine auszuladen. Und so stand ich da im Wäscheraum und musste immer mal wieder kurz Pause machen, während ich die Wäsche auf die Leine hängte. Als das Essen fertig war, konnte ich mir nicht vorstellen, die Wellen noch auf dem normalen Stuhl sitzend zu verarbeiten. Und so tauschte ich Stuhl gegen Sitzball, der auch bereits für die Geburt im Wohnzimmer lag und ließ mir das Abendessen wippend und immer mal wieder Wellen veratmend schmecken. Und komischerweise hatte ich noch ziemlich großen Hunger und nicht, so wie bei Taavi, auf einmal gar keinen Appetit mehr, als die Geburt kurz bevor stand.

Und dann weißt du: Es dauert nicht mehr lange und du hältst dein Baby im Arm

Es muss ungefähr 20 Uhr oder etwas später gewesen sein, als wir dann fertig mit Essen waren und Yannick mit den Jungs nach oben ging, um sie ins Bett zu bringen. Ich ging auch noch einmal hoch, um ihnen gute Nacht zu wünschen und veratmete im Anschluss auf der Treppe eine Welle, bei der ich mich am Treppengeländer festhalten musste, weil es doch recht stark im Rücken zog. Immer noch lag der Abstand zwischen den Wellen bei 4-5 Minuten und ich konnte nur schwer abschätzen, wie lange das noch so gehen würde, bis es wirklich ernst werden sollte. Man sagt ja, dass es bei jedem Kind schneller geht, aber irgendwie war ich doch recht unsicher, weil ich noch gut mit den Wellen klar kam und sie mir auch relativ kurz erschienen und nie länger anhielten, als 30 Sekunden. Ich schrieb meiner Hebamme, dass ich mittlerweile in mich gehen und veratmen muss, aber nicht abschätzen kann, wie lange es noch dauert, bis sich mehr tut. Es war inzwischen kurz vor 21 Uhr und ich entschied dann, zumindest noch ein bisschen auf dem Ball im Wohnzimmer zu wippen und die nun immer stärker werdenden, aber noch aushaltbaren Wellen zu veratmen. Yannick kam dann auch nach unten, nachdem die Jungs beide schliefen und setze sich zu mir ins Wohnzimmer. Nachdem er mir Entspannungsmusik angemacht hatte, unterhielten wir uns zwischen den Wellenpausen noch und machten Späße, wie es sein kann, dass man als Frau immer sofort vergisst, was man da eigentlich aushält, wenn es darum geht, weitere Kinder zu planen. Ja, mittlerweile fand ich das Ziehen und den Druck nicht mehr ganz so angenehm und fluchte innerlich ein wenig bei jeder Welle, die ich mit langem Atmen und Wippen versuchte, besser auszuhalten. Als Yannick fragte, ob ich vielleicht in die Badewanne möchte, war ich mir noch nicht ganz sicher. Schließlich war ich weder bei Mika-Flynn, noch bei Taavi im Wasser gewesen (bei letzterem reichte die Zeit nicht mehr). Dennoch sollte er mir dann zumindest mal das Wasser einlassen und ich wollte dann im Anschluss entscheiden, ob es das Richtige für mich wäre. Ich weiß noch, wie er fragte, ob er einen Badezusatz ins Wasser geben sollte und ich mit geschlossenen Augen erst noch eine Welle veratmen musste, ehe ich ihm antworten konnte. Und dass mir wichtig war, die Entspannungsmusik dann auch im Badezimmer zu haben. Denn diese war wirklich sehr hilfreich und beruhigend und ich hatte das Gefühl, damit noch besser mit den Wellen arbeiten zu können. Als er oben im Badezimmer war, um das Wasser einzulassen und die bereit gestellten Kerzen anzuzünden, ging ich noch einmal richtig tief in mich. Ich war ganz allein in unserem Wohnzimmer, die Wellen kamen nun sicherlich in 2-3-minütigen Abständen oder kürzer. Ich betrachtete den Raum, nahm das sanfte, warme Licht war und die Klänge der Musik und wippte weiterhin auf meinem Ball, als mich eine enorme Gefühlswelle überkam. Mit einem Gefühl von Ungewissheit, begleitet von etwas Angst, was uns erwartet, dachte ich an meine Jungs, an all das, was nun kommt, an die Geburt, an dieses Menschlein in meinem Bauch und ließ den Tränen freien Lauf. Ich verabschiedete mich in diesem Moment von meiner dritten Schwangerschaft, ließ los und gab mich all dem hin, was jetzt bevorstehen würde. Ich kann nur schwer beschreiben, was da in mir vorging, aber es war wirklich intensiv.

Vielleicht sollte sich die Hebamme doch langsam auf den Weg machen

Nur kurz darauf kam Yannick wieder nach unten zu mir und fragte, ob ich nun in die Wanne gehen möchte. Irgendwie hatte ich aber immer noch kein wirkliches Bedürfnis danach. Jedoch waren die Wellen und der Druck nach unten nun so stark und das Ziehen im Rücken nahm immer mehr zu, sodass ich mich dafür entschied, meiner Hebamme nun Bescheid zu geben, dass sie sich auf den Weg zu uns machen soll. Es war nun 21:55 Uhr. Kurz überlegte ich nun, nicht vielleicht doch in die Wanne zu gehen, um zu schauen, ob sich die Wellen im Wasser angenehmer veratmen lassen. Also ging ich nach oben ins Badezimmer, setze mich dort aber zunächst nur auf die Toilette. Dort ließen sich die Wellen tatsächlich auch recht gut veratmen und der Druck nach unten war besser auszuhalten. Als ich das Wasser in der Wanne sah, verspürte ich aber kein Bedürfnis danach und hatte auch keine große Lust, jetzt aus meinen warmen Kleidungsstücken zu schlüpfen, um mich nass zu machen. Und im nächsten Moment klingelte es auch schon an der Tür und meine Hebamme war um 22:10 Uhr bei uns. Ich ging nach unten und kurz ebbten die Wellen ab, als ich mich mit ihr austauschte, wie der aktuelle Stand ist. Dann kam auch schon die nächste Welle und ich hielt mich im Stehen am Stuhl fest, um sie zu veratmen. Dabei versuchte ich immer noch ganz bewusst auf meine Atmung zu achten, so wie ich es geübt hatte: Beim Einatmen langsam bis vier zählen, beim Ausatmen bis acht. Die Wellen waren nun allerdings schon so stark, dass ich beim Abklingen leicht zitterte. Ich äußerte trotzdem noch meine Bedenken, dass sie mir so kurz vorkommen und ich eigentlich dachte, sie müssten länger und noch intensiver sein. Und auch, dass ich mich wunderte, dass die Fruchtblase noch nicht geplatzt sei, weil es danach bei Taavi ja doch recht schnell, sehr intensiv wurde. Irgendwie hatte ich Angst, dass mich noch dollere Schmerzen erwarten würden. Aber meine Hebamme meinte nur, dass auch diese Wellen ganz sicher etwas bewirken und das mit der Fruchtblase nichts zu bedeuten hat. Schließlich kämen manche Kinder ja sogar mit Glückshaube auf die Welt. Dann hörte sie die Herztöne des Babys ab, mit denen alles in Ordnung war und fragte, was mir gut tun würde, worauf ich antwortete, dass der Ball mir sehr kurz zuvor schon sehr geholfen hatte. Sie entgegnete, dass ich mich doch dann wieder setzen sollte, um meine Energie zu sparen, anstatt zu stehen. Und so setze ich mich wieder auf den Ball vor den Esstisch, dieses Mal mit einem Kissen auf dem Tisch, auf das ich meinen Kopf ablegen konnte, um etwas Entspannung zwischen den Wellen zu finden. Mit jeder Welle wurde das Ziehen im Rücken stärker und nun half mir meine Hebamme, indem sie mit den Händen gegen meine Lenden drückte, so wie ich es davor schon selbst getan hatte, sanft mit mir atmete und mich bestärkte, wenn die Welle wieder abgeebbt war.

Und dann ging auf einmal alles ganz schön schnell

Ich kann nicht mehr genau sagen, in welchen Abständen die Wellen nun kamen, aber es muss recht kurz gewesen sein und der Druck nach unten war nun kaum mehr auszuhalten. Yannick hatte sich inzwischen auch zu mir an den Tisch gesetzt, um mir die Hand zu halten, was ich allerdings nur noch aus seiner Erzählung weiß, weil zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Details verschwammen. Auch, dass meine Hebamme noch ein weiteres Mal die Herztöne abhörte, habe ich nur noch wage in Erinnerung. Ich weiß allerdings noch ganz genau, dass ich auf einmal einen enormen Drang hatte, zu pressen, sodass meine Hebamme sofort wusste, dass ich nun vom Ball aufstehen sollte, um Platz für das Baby zu machen. In der Zwischenzeit hatte sie bereits alles im Wohnzimmer vorbereitet, die Isomatte vors Sofa gelegt und das Sofa abgedeckt. Und dann ging alles so schnell. Der Pressdrang war auf einmal da und ich wanderte vom Sitzball zum Sofa, vor das ich mich kniete. Yannick saß auf dem Sofa neben mir und ich krallte mich sofort an seinem Arm fest. Ich weiß noch, dass meine Hebamme fragte, ob er sich vor mich setzen soll, was ich allerdings verneinte, weil ich mich mit der anderen Hand unter dem Sofa an einer Kante festhielt, um meine Kraft abzuladen. Ich atmete und schob und atmete und drückte und es kam mir alles so unglaublich schnell vor, sodass ich überhaupt nicht fassen konnte, dass ich tatsächlich schon mitschieben darf. Deswegen fragte ich, ob es denn ok wäre, woraufhin meine Hebamme mich gleich bestärkte, dass ich alles richtig mache und dem Druck ruhig nachgeben kann. Mit jeder Welle ging ich erneut in mich, atmete kurz und tief ein und sehr lange aus, wobei ich versuchte, den Mund locker zu lassen und meine Zunge an den Gaumen drückte. Dabei schob ich immer stärker mit und fing auch an, zu tönen und etwas lauter zu werden, wobei Yannick später meinte, dass ich nicht lange und auch nicht wirklich sehr laut getönt hätte. Ich habe nicht mitgezählt, aber es waren nicht mehr als 4-5 intensive Wellen, in denen ich mitschieben und atmen musste. Mit der 3. oder 4. Welle platzte dann auch die Fruchtblase. Und als meine Hebamme dann meinte, dass gleich das Köpfchen da ist, sammelte ich nochmal all meine Kräfte und meinen Atem und schob gegen das Brennen und Drücken und das Gefühl, zu zerreißen, an. Es war überwältigend, zu wissen, dass man es gleich geschafft hat. Und da war das Köpfchen auch schon geboren und ich spürte es warm zwischen meinen Beinen. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich sammelte in der kurzen Pause noch einmal alle Kraft. Ein letztes Mal drücken und schieben und mit einer letzten Welle kam der restliche Körper. Da lag es zwischen meinen Beinen, mein wunderschönes, kleines Baby, das nur 40 Minuten nach Eintreffen meiner Hebamme um 22:50 Uhr das Licht der Welt in unserem Wohnzimmer erblickt hatte.

So wirklich fassen konnte ich noch nicht, was gerade geschehen war. Ich schaute nach unten und wir konnten sofort sehen, dass er ein Junge ist. „Noch ein Junge“, waren Yannicks erste Worte. Und nachdem meine Hebamme ihn noch etwas weiter zu mir geschoben hatte, nahm ich ihn selbst auf den Arm und legte ihn auf meine Brust. So knieten wir vor dem Sofa und ich war einfach nur überwältigt von dieser Geburt. Nach einem kurzen Moment, in dem ich mich sammeln konnte, legte ich mich aufs Sofa, mein Baby im Arm und wir durften erst einmal kuscheln und uns beschnuppern. Es war wirklich magisch. Die Stimmung so herzlich und warm, so ruhig und vertraut. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr und genoss einfach nur den Moment. Mein warmes, kleines und noch etwas feuchtes Baby, wie es da so auf mir lag. Nur kurze Zeit später, nachdem er mehrmals geniest hatte Fruchtwasser loszuwerden und auch schon unter Beweis stellen konnte, dass er kräftig schreien kann, spürte ich dann, wie etwas Warmes meine Hand hinunter lief und er die erste Ladung Kindspech ausgeschieden hatte. Nach einem kurzen Schreck meinerseits half meine Hebamme dann beim Saubermachen und wir durften weiter kuscheln. Ich probierte, ihn anzulegen und zu stillen, was nach ein paar Versuchen dann auch schon klappte. Irgendwann (ich schätze, nach einer halben Stunde etwa) kam dann auch die Plazenta mit ein paar leichteren Wellen und ich musste noch einmal etwas mitschieben.

Nachdem unser Baby dann bestimmt eine Stunde auf mir gelegen, Yannick ein paar erste Fotos gemacht und die Hebamme einige Dinge notiert hatte, sollte unser kleiner Mann gewogen und gemessen werden. Dafür durfte Yannick ihn dann abnabeln. Dabei stellte sich heraus, dass seine Nabelschnur ganz schön lang war. Meine Hebamme war außerdem erstaunt, dass er mit 3850 Gramm bei einer Größe von 52 cm so schwer war, obwohl er recht zart erschien und wog ihn vorsichtshalber noch einmal. Aber tatsächlich stimmte das Gewicht.

Vor dem Schlafengehen wollte ich mich dann noch duschen und sauber machen. Vorher wollte meine Hebamme noch nach evtl. Geburtsverletzungen schauen. Und Yannick durfte solange Bonding mit Keijo machen. Während sie mich untersuchte und feststellte, dass ich nur eine ganz leichte Abschürfung hatte, machte Keijo eine zweite Ladung Kindspech auf seinen Papa. Da hatte jemand aber ein ziemlich volles Bäuchlein. Kein Wunder, dass er kurz zuvor noch keinen so großen Hunger gehabt hatte. Ich sollte mich dann zuerst langsam hinsetzen, nachdem ich wohl selbst gleich aufgestanden wäre. Und meine Hebamme meinte, dass jetzt doch erst einmal der richtige Zeitpunkt für eine kleine Stärkung sei und fragte, auf was ich denn Appetit hätte. Mir fielen spontan die vielen Plätzchen ein, die ich noch ein paar Tage vorher mit meiner Mama gebacken hatte und so holte sie mir eine Dose aus der Küche. Was schmeckten die nach dieser Anstrengung gut! Nach dem Snack begleitete sie mich nach oben ins Badezimmer und half mir unter die Dusche.

Zwei stolze große Brüder und eine überwältigte Dreifach-Mama

In der Zwischenzeit bereitete sie mein Bett vor, in das ich mich im Anschluss gleich legen durfte. Yannick brachte dann Keijo hoch, welcher weinte, wodurch zuerst Mika-Flynn wach wurde und so zum ersten Mal sein kleines Brüderchen kennen lernen durfte. Noch ganz verschlafen kam er zu uns ins Schlafzimmer und betrachtete ganz erstaunt und voller Freude sein kleines Brüderchen. Er streichelte ihm sanft über den Kopf und war sofort hin und weg. Und mir kamen fast die Tränen, weil es so schön mit anzusehen war. Kurz darauf wurde auch Taavi wach, kam aber nur kurz angelaufen, streichelte Keijo über den Kopf und war wieder weg. Ihm war das Ganze scheinbar noch nicht ganz geheuer. Da die Nabelschnur beim Abnabeln noch etwas zu lang geblieben war, sollten wir sie dann noch etwas kürzen. Dieses Mal durfte ich diese Aufgabe übernehmen und noch ein Stück davon abschneiden. Dabei konnte ich sie auch nochmal ganz genau betrachten und war ganz fasziniert.

Yannick brachte dann beide Kinder wieder ins Bett, während ich mit Keijo kuschelte. Nur kurze Zeit später kam dann allerdings noch einmal eine Ladung Kindspech und sprengte die frische Windel komplett. Also musste ich leider noch einmal aufstehen, um alles sauber zu machen und weil Keijo das gar nicht gefiel und er erneut schrie, wurden wieder alle wach. Daraufhin durften wir dann aber endgültig alle schlafen gehen und unsere erste Nacht zu fünft verbringen.

Eine Geburt, wie ich sie mir nicht perfekter hätte wünschen können

Ich war nach Taavis Geburt vor über vier Jahren schon so selig und dankbar, dass sie so gut wie selbstbestimmt, schnell und ohne Komplikationen verlief und nun fast schon etwas besorgt, ob es erneut wieder so sein würde. Es wird zwar oft erzählt, dass es von Geburt zu Geburt schneller und einfacher gehen kann, aber darauf verlassen sollte man sich dann letztlich ja trotzdem nicht. Umso dankbarer und glücklicher bin ich nun, nach dieser wunderschönen, warmen und durchweg selbstbestimmten dritten Geburt, die noch viel perfekter war, als ich es mir hätte vorstellen können. Ich habe durch das Vertrauen in meinen Körper und mein Kind bereits im Vorfeld viel alleine geschafft, bevor ich für den schnellen Endspurt dann meiner Hebamme Bescheid gegeben habe. Ihre Anwesenheit und ihr souveränes Handeln, sowie die Ruhe, die sowohl sie, als auch Yannick ausstrahlten, gaben mir dann noch einmal Kraft und Sicherheit. Es mussten nicht viele Worte gewechselt, keine unnötige Untersuchung gemacht werden, um zu wissen und zu fühlen, was in welchem Moment richtig ist. Stattdessen war da nur ganz viel Vertrauen. In die weibliche Urkraft, in mich und mein Baby. Die Geburt meines dritten Kindes in unserem Zuhause, dieser vertrauten Umgebung, geborgen, sicher und warm, werde ich für ewig in dankbarer Erinnerung behalten.

Dankbar bin ich auch den Menschen, die mich dabei begleitet und mir Mut zugesprochen haben. Meiner Mama, die mich in den Tagen zuvor schon unterstützt und entlastet hat, meinem Partner, der durch seine Ruhe sowieso immer ein Fels in der Brandung für mich ist und natürlich meiner wunderbaren Hebamme, die mich durch ihr ganzes Wesen und ihr Wissen nie daran zweifeln ließ, dass irgendetwas nicht so laufen sollte, wie ich es mir wünsche.

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4 Comments

  • Reply Eli 6. Januar 2020 at 3:10

    Vielen Dank für diesen tollen Bericht, liebe Nathalie! Und alles Gute für deine süße Familie!

    • Reply Nathalie 6. Januar 2020 at 22:11

      Hab ganz lieben Dank für deine Worte und die Wünsche 🙂

  • Reply Lisa 7. Januar 2020 at 20:03

    So ein schöner Geburtsbericht! Herzlichen Glückwunsch zur Geburt und alles alles Gute für euch!

    • Reply Nathalie 9. Januar 2020 at 22:51

      Vielen, vielen Dank! 🙂

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