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Mom Life // Personal: “Wo nehmen Sie bloß Ihre Nerven her?!” – Nur ein nett gemeinter Spruch oder schon ein Übergriff?

25. Oktober 2018

Es ist eine dieser fast täglichen Situationen zwischen meinen beiden Jungs. Sie streiten sich mal wieder. Wie so oft geht es um Spielzeug. Meistens um Autos. Die der eine hat und der andere nun unbedingt auch haben will. Taavi schreit und kreischt nun also so laut er kann in der Umkleide der Turnhalle. Mika-Flynn weigert sich, ihm seine Autos zu geben. Auch nicht für die Zeit, in der er nun zum Kinderturnen geht. Auf gar keinen Fall. Ich kann ihn auch nicht besänftigen, als ich ihm verspreche, auf die Autos aufzupassen, so lange Taavi damit spielt. Und dass er sie nun ja sowieso nicht braucht, während er mit den anderen Kindern turnt, ist ihm auch so ziemlich egal. Ich werde langsam unruhig. Alle Kinder sind schon in der Halle, sie warten nur noch auf Mika-Flynn. In der Umkleide noch andere Mütter, die die Szene mitverfolgen. Darunter auch eine ältere Dame, vermutlich die Oma eines Kindes. Taavi wird lauter, kreischt wieder. Ziemlich laut. Worauf die Dame den ersten Spruch von sich gibt. Es ist die Art, wie sie es sagt, die mich stocken lässt. “Gibt’s da auch einen Knopf zum Ausschalten bei dir?! Du bist so laut, da tun einem ja die Ohren weh!” Ihr Ton ist nicht freundlich oder nett, nicht in der Art, in der man ein kleines, trotzendes Kind besänftigen möchte oder auf es eingehen. Sie sagt es so, dass es vorwurfsvoll klingt. Wie kann mein Kind nur so laut brüllen. Das geht doch nicht. Es soll gefälligst leise sein, damit sie ihre Ruhe hat und ihre Ohren nicht klingeln. Ich bin perplex und sowieso nicht besonders schlagfertig. Erst recht nicht in solchen Momenten. Und meistens ärgere ich mich hinterher dann umso mehr, wenn mir passende Konter, die ich hätte entgegnen können, einfallen. So, wie auch dieses Mal. Statt zu kontern, dass es nun einmal Kinder sind und die eben ab und zu etwas lauter werden, antworte ich nur: “Das frage ich mich auch manchmal.” Und gebe der Dame damit nur die Bestätigung, dass sie ja recht hat. Kinder haben leise zu sein.

Inzwischen hat sich der Streit zwischen Taavi und Mika-Flynn hochgespielt, ich versuche zu schlichten und Mika-Flynn, der mittlerweile Tränen in den Augen hat, weil er nicht will, dass sich Taavi während der Turnstunde seine Autos nimmt, zu beruhigen. Irgendwann sage ich zu ihm, dass er nun entweder in die Halle zu den anderen Kindern geht oder wir wieder nach Hause gehen. Ich versuche ruhig zu bleiben, obwohl meine Nerven blank liegen. Dieses ständige Gezanke der Beiden strengt mich an und kostet Kraft. Aber ich will mir nichts anmerken lassen. Erst recht nicht jetzt, wo sowieso alle Augen auf mich gerichtet sind. Als ich schon fast nicht mehr daran glaube, schluchzt Mika-Flynn noch mit Tränen in den Augen, dass Taavi und ich jetzt gehen sollen. Ein Auto darf Taavi mitnehmen, die anderen bleiben hier. Natürlich ist das Taavi nicht genug, aber ich versuche, ihn zu schnappen und die Umkleidekabine zu verlassen, nachdem ich Mika-Flynn noch Tschüss gesagt habe. Nur widerwillig kommt er mit. Ich rolle innerlich mit den Augen. Als die Dame mich im Gehen fragt: “Wo nehmen sie bloß Ihre Nerven her?!” Und weil meine Gedanken kreisen und ich natürlich auch jetzt keine schlagfertige Antwort parat habe, wiederhole ich: ” Das frage ich mich auch manchmal.” Im selben Moment ärgere ich mich und denke mir, wie blöd ich doch bin.

Draußen an der frischen Luft brauche ich erst einmal einen Moment, um wieder klare Gedanken zu fassen. In meinem Kopf dreht sich alles und ich spiele die gerade erlebten Szenen noch einmal ab. Ich fühle mich schlecht und habe das Gefühl, die unfähigste Mutter zu sein. Wieso habe ich meine Jungs nicht im Griff? Wieso müssen sie sich ständig wegen Banalitäten streiten? Wieso so ein Theater veranstalten? Egal ob zu Hause oder in der Öffentlichkeit? Wieso lasse ich das so an mich ran? Die Sprüche dieser älteren Frau in der Umkleidekabine haben mir den Rest gegeben. Ich zweifle an mir und meinen Fähigkeiten. Sind meine Kinder denn so unerzogen, dass es anderen das Recht gibt, darüber zu urteilen und mich das auch spüren zu lassen? Schließlich assoziiert die Frage, dass ich für meine Jungs vermutlich sehr, sehr starke Nerven brauche, weil sie scheinbar besonders anstrengend und schwierig sind. Oder zumindest auf eben diese Dame so gewirkt haben. Als ich merke, wie ich mit den Gedanken abdrifte, wandelt sich mein Empfinden und ich werde wütend. Weil ich es unmöglich finde, dass sie sich in meine Erziehung eingemischt hat und meinem Kind den Mund verbieten wollte. Denn wenn überhaupt, darf höchstens ich scherzhaft zu meinen Jungs sagen, dass ich jetzt ganz gerne Mal den Pause-Knopf drücken würde, um ein paar Minuten Ruhe zu haben. Und meine Kinder wissen dann auch, wie ich das meine.

Vielleicht haben sie sich in letzter Zeit zu oft gestritten. Vielleicht ging mir das ständige Kreischen und Schreien und Hauen tatsächlich zu sehr auf die Nerven. Und meine Ohren hörten ein paar Mal zu oft nicht auf zu klingeln davon. Vielleicht habe ich deswegen so empfindlich reagiert und mir diese vielleicht ja ganz banalen Sprüche etwas zu sehr zu Herzen genommen. Vielleicht habe ich aber ja auch recht. Denn schließlich ist es ganz allein meine Sache, wie ich meine Kinder beruhige und besänftige und woher ich meine Nerven in solchen Momenten nehme. Und dann kommt es auch noch ganz darauf an, wer da etwas auf welche Art und Weise zu mir sagt. Aber jemand völlig Fremdes? Ich würde mich freuen, wenn mir das nächste Mal jemand in solch einer Situation verstehend zulächelt oder vielleicht ja auch sagt, dass sicher alles nur eine Phase ist. Denn dann wüsste ich, dass die Person solche oder so ähnliche Situationen sicher auch schon erlebt hat und ich ganz sicher nicht die einzige Mama, mit solch anscheinend ja so “nervraubenden” Kindern bin (Ironie off).

Erging es euch schon mal ähnlich? Haben euch Aussagen oder (übergriffige) Sprüche von Fremden in Bezug auf die Erziehung eurer Kinder auch schon aus der Fassung gebracht? Wie habt ihr reagiert?

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2 Comments

  • Reply Linda 26. Oktober 2018 at 8:32

    Liebe Nathalie, oh ja solche Situationen erlebt bestimmt jede Mama (und vielleicht auch jeder Papa, wobei ich das Gefühl habe, Vorwürfe werden häufiger gegen Mütter gerichtet). Erst einmal finde ich, du musst dich nicht schlecht fühlen, denn du bist ruhig und liebevoll mit deinen Kindern umgegangen und das ist doch das wichtigste. Dass man sich über eigene fehlende Schlagfertigkeit ärgert, kenne ich auch zu gut, so ist das bei Introvertierten halt. 😉 Meine Erfahrung ist, dass es hilft sich möglichst wenig zu ärgern, sondern eher Achseln zu zucken und zu sagen, ja war sch… aber es gibt schlimmeres. Daraus ergibt es sich dann vielleicht, dass man beim nächstenmal weniger angespannt ist und dann doch eine Antwort parat hat.
    Meine kleine Maus ist mittlerweile fast 17 Monate und auch sehr temperamentvoll, da werden wir sicher noch viele “Szenen” in der Öffentlichkeit erleben. Aber ich möchte sie nicht ändern, denn ich liebe ihre Begeisterungsfähigkeit, ihre Energie, Bewegungsfreude usw. Schlimm war für mich die Anfangszeit mit 24h-Baby, phasenweise auch Schreibaby kriegt man einiges zu hören. Vor allem, dass man selbst Schuld sei, dass das Kleine einen ja so im Griff habe, denn schließlich hat man es mit all dem Stillen, Tragen und Familienbett selbst verzogen. Tatsächlich waren das aber (neben Liebe, Geduld und Vertrauen, dass die Maus sich schon gut entwickeln wird), die einzigen Dinge, die unserem Kind geholfen haben, wenigstens ein klein wenig mehr Ruhe und vor allem Schlaf zu finden.
    Ich bin immer wieder ziemlich erschrocken, was für ein Bild von Kindern viele Leute haben: dass sie egoistisch sind, die Macht über die Eltern haben wollen etc. Dass dieser Film “Elternschule” in Deutschland gedreht wird und mit öffentlichen Mitteln gefördert sowie von öffentlich-rechtlichen Stellen gelobt, spricht Bände darüber, wie tief das Erbe von Johanna Haarer noch sitzt – es ist einfach gruselig! 🙁
    Sei stolz, dass du dem etwas entgegensetzt und deine Kinder Kinder sein lässt, sie liebevoll in ihrer Entwicklung (und ihren Wutanfällen;) begleitest. <3

    • Reply Nathalie 29. Oktober 2018 at 13:52

      Liebe Linda, ich danke dir sehr für deine lieben Worte.
      Ja, man macht sich halt doch ab und zu (meist) unbegründet zu viele Gedanken. Dabei macht man so vieles schon alleine dadurch richtig, indem man auf sein Gefühl hört und darauf vertraut. Was die anderen denken und sagen, sollte einem dabei wirklich egal sein.

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