Ich kann mich noch zu gut daran erinnern, wie ich mir letztes Jahr vornahm, dass das nächste Weihnachten (oder viel mehr die Wochen davor) ganz anders werden würde. Nicht so stressig, nicht so hektisch, viel besinnlicher, etwas durchdachter und viel länger im Voraus geplant. Das hatte ich mir auch schon das Jahr zuvor fest vorgenommen und dann kam im darauf folgenden doch wieder alles anders, als gedacht. Auch wenn es natürlich im positiven Sinne für uns war, durchkreuzte es doch irgendwie auch wieder meine Pläne. Die vom perfekten Weihnachten, der harmonischen und ruhigen Adventszeit und der Besinnlichkeit. Wie schwer mir das Loslassen von meinem manchmal doch sehr anstrengenden Perfektionismus und den zu hohen Ansprüchen an mich selbst fällt, habe ich euch ja schon öfter erzählt. Es ist schwierig und ich arbeite nach wie vor an mir, denn mal eben abschütteln kann man diese Eigenschaften eben nicht. Und irgendwie mag ich es ja auch, das Schöne, das Perfekte. Nur setze ich mich damit einfach jedes Mal wieder viel zu sehr unter Druck.
Ich war mir so sicher im vergangenen Dezember, dass die nächste Advents- und Vorweihnachtszeit ja ganz bestimmt viel entschleunigter und langsamer werden würde. Schließlich wären wir nicht gerade erst umgezogen (wie die beiden Jahre zuvor) und müssten erst das Chaos aus Kisten, Kartons und Co. beseitigen, bevor wir überhaupt an Weihnachten und die dazu passende Stimmung denken könnten. Das nächste Jahr würde ich ja viel mehr Zeit und Ruhe haben, um alles vorzubereiten, die ersten Plätzchen zu backen, zu dekorieren, mir Gedanken über die passenden Geschenke zu machen und vor allem, ganz viele Stunden mit meinen Herzmenschen zu verbringen. Weihnachtsgeschichten lesen, sich auf’s Sofa kuscheln, warmen Tee trinken und einfach nur dasitzen, um die flackernden Kerzen zu beobachten und die Wärme zu genießen. Für Heiligabend würde das Menü nicht erst zwei Tage vorher feststehen, sondern am besten schon Anfang Dezember, ebenso hätte ich ja auch die Geschenke schon Wochen im Voraus verpackt. Das war mein Plan. Aber dass quasi fast nichts im Leben planbar ist (auch nicht die banalsten Dinge) und es sowieso immer macht, was es will, das wusste ich ja eigentlich schon viel länger.
Entschleunigung, was ist das?
Der November rauschte nur so an mir vorbei und ich kann mich kaum an einen Tag erinnern, den ich davon wirklich bewusst erlebt habe. Bis auf den Geburtstag der Jungs, mit dem dieser Monat begann. Auch hierfür wollte ich mir eigentlich schon viel eher Gedanken machen, den ersten richtigen Kindergeburtstag lange im Voraus planen und dann natürlich alles termingerecht und ganz ohne Stress schaffen. In der Geburtstagswoche kam ich dann aus dem Backen und Vorbereiten kaum heraus und setzte mich natürlich trotzdem wieder unter Druck. Den Kindern war es aber letztendlich ganz egal, wie perfekt durchdacht die Party war, welche Spiele wir spielten und was es zu essen gab. Für sie zählte nur die Zeit, die sie mit ihren Freunden verbringen konnten. Ausgelassen, lachend und voller Freude.
Die restlichen Wochen waren dann geprägt von Feierlichkeiten im Kindergarten, zahlreichen Elternabenden (oft sogar zwei pro Woche), Verpflichtungen im Elternverein und anderen Terminen, die man ja alle wahrnehmen muss. Ein Haushalt, der sich nicht von alleine schmeißt mit seinen Wäschebergen, dem Dreck und den kleinen Fingertapsern überall, Kinder, die versorgt werden wollen und ein Job, für den man sich zwischen all dem auch irgendwie noch Zeit freischaufeln muss. Verpflichtungen, Deadlines, To-Dos, das alltägliche Chaos und der ganz normale Wahnsinn, dem es ganz egal ist, ob nun in einem Monat Weihnachten vor der Tür steht oder nicht. Verschnaufen und zur Ruhe kommen? Fehlanzeige. Schwupps ist schon wieder ein Tag rum und man fragt sich, was man überhaupt geschafft hat.
Und dann war auch schon Dezember und fast genauso schnell, wie der November schritt auch er an mir vorbei. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch, fast nebenbei, die Dinge, die im ersten Moment nur als weitere Punkte auf der nicht enden wollenden To-Do-Liste standen, abzuhaken. Oder, um es besser zu formulieren: Sie zu erfüllen, um es uns so schön, wie möglich zu machen. Dabei war es mir dann letztendlich ganz egal, ob der Adventskranz erst am Mittag des 1. Advents fertig war, obwohl der Rohling dafür schon eine Woche auf der Terrasse lag. Das Leuchten in den Augen der Jungs, als wir gemeinsam die erste Kerze anzündeten, war dennoch einmalig und wunderschön. Und auch störte es niemanden, dass die selbst befüllten Adventskalender erst am Abend vor dem 1. Dezember hingen und nicht schon Wochen vorher. Es erfüllte mich einfach nur mit Glück, als Mika-Flynn und Taavi am Morgen ganz aufgeregt die Treppe runter stürmten und es kaum erwarten konnten, das erste Säckchen zu öffnen. Vergessen war da der Stress, den ich mir am Abend zuvor mal wieder selbst gemacht hatte. Wie so oft, weil ich es einfach nicht lassen kann und denke, dass es noch besser und perfekter und schöner geht…
Aber ob sich meine Kinder daran erinnern? An die Perfektion und das Makellose? Oder nicht doch viel mehr an den Zauber und die Magie, den Duft und das Funkeln und Glitzern der Weihnachtszeit? Obwohl Mika-Flynn mittlerweile behauptet, dass es den Nikolaus ja gar nicht (mehr) gibt, war die Aufregung groß, als er am Nikolausmorgen die gefüllten Stiefel vor der Haustür stehen sah. “Er hat die Milch getrunken! Aber noch etwas von den Keksen übrig gelassen!” Und wie süß es doch war, als er sogar freiwillig und von sich aus anbot, am Tag zuvor auch die Schuhe von Taavi zu putzen und es kaum erwarten konnte. “Dürfen wir nun endlich Schuhe putzen, Mama?” Und selbstverständlich wurde schon Wochen im Voraus ein Wunschzettel an das Christkind geschrieben. Es ist genau dieser Zauber, der auch uns Erwachsene mitreißen sollte. Ohne dabei an die ständigen Verpflichtungen und das perfekte Weihnachtsfest zu denken. Der Zauber, morgens, noch bevor sie die ersten Säckchen des Adventskalenders öffnen, ins Wohnzimmer zu laufen und die Lichter des Weihnachtsbaums anzuknipsen. “Mama, das ist der schönste Weihnachtsbaum auf der ganzen Welt!” Der Zauber, der mit jedem geöffneten Türchen mehr, den Weihnachtsabend näher rücken lässt. Die Vorfreude, die steigt, die Aufregung und Spannung.
Was an Weihnachten wirklich zählt
Perfekt wird Weihnachten nicht durch die akribisch verpackten Geschenke, das 5-Gänge-Menü oder durch die makellosen Plätzchen. Deswegen dürfen meine Jungs, während sie mir beim Backen helfen, auch so viele Zuckerperlen und Schokostreusel darauf verteilen, wie sie wollen. Auch wenn die Perfektionistin in mir dann manchmal doch noch innerlich etwas zuckt. Das tut sie auch, wenn meine Kinder beim Baum schmücken helfen wollen und die Anordnung der Kugeln und Ornamente dann eventuell nicht ganz meiner Vorstellung entspricht. Aber wisst ihr was? Ich weiß eigentlich schon lange, dass es das nicht wert ist, sich an solchen Kleinigkeiten aufzuhalten. Vielmehr ist es doch ein Grund sich zu freuen. Wie schön sie das schon machen, auf ihre ganz eigene Art und Weise perfekt. Und jedes Mal, wenn ich die Kugeln im Baum hängen sehe, die mein innerer Monk da so nicht hingehängt hätte, muss ich schmunzeln. Wie beim Naschen der Plätzchen, die an einer Stelle kahl sind und an der anderen mehr aus Streuseln, als aus Teig bestehen.
Ich habe noch keine Geschenke verpackt (geschweige denn habe ich alle beisammen und hab ich überhaupt noch genug Geschenkpapier?!), wir wissen immer noch nicht, was es an Heiligabend zu essen geben soll. Vermutlich entscheiden wir das erst am Samstagmorgen, bevor wir uns in den Einkaufswahnsinn stürzen. Am Sonntag stehe ich dann wahrscheinlich trotzdem wieder bis spät abends in der Küche, mache noch ein paar Leckereien selbst und die Geschenke werden auf den letzten Drücker eingepackt. Wenn unsere Gäste dann am Nachmittag des 24. vor der Türe stehen, sind die Kinder vielleicht noch im Schlafanzug und auch ich bin gerade erst mit noch nassen Haaren in mein Kleid geschlüpft. Vielleicht wird es aber auch ganz anders. Zunächst einmal hoffe ich, dass Taavi gesund bleibt, denn der war die letzten Tage auch etwas angeschlagen…Was ich ganz sicher weiß? Dass ich mich dennoch auf die gemeinsame Zeit freue. All meine Lieben um mich herum, die an diesem Tag mal die Zeit vergessen. Denn die steht an Heiligabend trotz der ganzen Hektik, dem Trubel und Stress jedes Jahr auf’s neue still.
Ich wünsche uns allen ganz viel Zauber und Magie, viele kostbare Momente und eine ausgelassene Zeit. Schaut auf eure Kinder, sie sind der beste Lehrer, den es gibt, wenn es darum geht, zu genießen, sich zu freuen und sich ganz auf das Hier und Jetzt zu besinnen. Und das nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. 🙂
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